Rumänische Landluft

Sarmasu – Viseu de Sus 170km

In der Pension gab es diesmal kein Frühstück, aber immerhin einen ordentlichen Kaffee. So kamen wir bereits gegen halb Acht auf die Räder. Der erste Weg führte gleich um die Ecke zum nächsten Bankautomaten, waren doch unsere Bargeldreserven ziemlich aufgebraucht. Der Automat wollte aber Franks Karte nicht akzeptieren. Bei der nächsten Bank, 300m weiter, ging es dagegen völlig problemlos.

Im nächtsen Mini-Markt, die es flächendeckend und in jedem kleinen Ort gibt, holten wir uns ein Weißbrot. Einige km weiter frühstückten wir dann etwas abseits der Straße auf einer Wiese. Damit war dann auch der Rest der ungarischen Paprika-Salami aufgegessen.
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Wenig später fiel uns der umfangreiche Verkehr mit den hier ortsüblichen einspännigen Fuhrwerken auf. Bei Budesti fanden wir auch den Grund für das umtriebige Verhalten der Bauernschaft — es gab einen Markt. Eine ganze LKW-Ladung Bretter und Pfosten ging weg wie warme Semmeln. Außerdem wurden außer Textilien noch Gummistiefel, Sicheln, Sensen, Zaumzeug und Hufeisen feil geboten. Manche ältere Herrschaften waren sogar in Tracht unterwegs.
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Weiter fiel uns auf, dass im Gegensatz zu voriger Woche massenweise Kinder unterwegs waren. Die Ferien sind wohl jetzt auch hier zu Ende.
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Die Landschaft zeigte sich anfangs immer noch in vielen Gelb- und wenigen Brauntönen. Insgesamt scheint es im Inneren Siebenbürgens nur recht wenig Wald zu geben.
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In einer Niederung rechts der Straße fanden sich gleich drei Ziehbrunnen vom Typ „Pußta“. Falk musste auch mal schnell ausprobieren, ob und wie das in der Praxis funktioniert. Fazit der Übung: ganz schön viel Aufwand für einen nassen Eimer.
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Die rumänische Staatsbahn scheint den Verkehr wohl eingestellt zu haben — wir fuhren fast den ganzen Tag an diversen Bahnstrecken entlang und konnten nicht einen Zug erspähen.

Je weiter wir nach Norden kamen, desto mehr bewaldete Hänge engten das von uns befahrene Tal ein. Gegen Mittag holten wir uns ein Bierchen in einer Minimarkt-Kneipen-Kombination. Ein später hinzugekommener Gast am Nachbartisch fragte uns in ganz brauchbarem Deutsch nach dem woher und wohin. Er selbst wäre zu Kohls Zeiten, also noch vor dem EU-Beitritt Rumäniens, zwei Jahre als Asylbewerber in Deutschland gewesen und hätte dabei unter anderem in Sondershausen gelebt. Er konnte es nicht so recht fassen, welche Strecke wir auf dem Rad zurückgelegt hatten. Vor allem wunderte er sich, wie unsere Reifen das aushalten. Und damit keiner denkt, wir fahren ungeküßt durch die Gegend: Als wir uns dann verabschiedeten, wünschte er uns vielmals alles Gute und jeder von uns bekam noch einen saftigen Schmatz auf die Wange gedrückt.
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Aufkommender Hunger ließ und bei einem als Restaurant getarnten Imbissstand einkehren. Es gab gegrilltes Schweinenackensteaks mit Brot, dessen Zubereitung sich arg in die Länge zog.

Mittlerweile etwas unter Zeitdruck, traten wir die nächsten 35km kräftig in die Pedale und erklommen dabei einen reichlich 800m hohen Pass.
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Nach einem weiteren Anstieg um reichlich 100 Höhenmeter und einer langgezogenen Abfahrt erreichten wir unser Tagesziel Oberwischau (Viseu de Sus).

Entsprechend U.’s Empfehlung fuhren wir über eine unglaublich buckelige Staubstraße ca. 3km ins Weintal hinein. Leider war die Maramures-Pension bereits komplett belegt. Das Hotel in der Nachbarschaft hatte die Saison bereits für beendet erklärt, es war alles verschlossen und finster.
Wir sind dann also die Nervstrecke zurückgefahren und fanden bei hereinbrechender Dunkelheit noch eine zentrumsnahe schöne Pension in Viseu de Sus.

Der abendliche Kneipenbesuch wird von uns außer zum Auffüllen des Kohlehydratspeichers auch zum Bloggen benutzt. In der Heimat werden ja manchmal die Ohren der Gäste in Form volkstümlichen Tralalas gequält. Hier ist das ganz anders, in jeder Kneipe läuft auf 1…5 riesigen Fernsehern eine Simpel-Rhythmus-Musik ohne erkennbare Melodie. Dazu gibt es in endloser Wiederholung tanzende Hupfdohlen. Es kommt also zur akustischen auch noch eine visuelle Qual hinzu.

Unerwartete Landschaften

Sibiu – Sarmasu 162km
Wie gestern bereits erwähnt, mussten wir die ursprünglich geplante Strecke ein wenig verkürzen. Frank hatte dazu gestern in der Kneipe im Handumdrehen eine Alternativroute zusammengestellt. Diese führte uns nun steil nach Norden durch landwirtschaftlich geprägte, durchaus interessante Landschaften.
Durch pünktliches und ordentliches Frühstück konnte 8:30 doch noch angemessen zeitig gestartet werden. Das Wetter war eigentlich wie immer – angenehm warm mit 3 Schönwetterwölkchen.
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Die ersten km schnurrten schnell dahin. Bei Kilometer 32 ging die Straße in einen Feldweg über. Nach paar Kilometern gelangten wir auf einen Bauernhof. Mit Händen und Füßen wurde nun gezeigt und erklärt. Wir versuchten der Beschreibung des Bauern zu folgen
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und gelangten an ein zugerammeltes Gatter. Die mit Draht zugezwirbelte Tür konnte schnell geöffnet und im Anschluss   selbstverständlich auch wieder ordnungsgemäß verschlossen werden.
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Auf einem lehmigen Huckelweg ging es nun einige Kilometer weiter durch steppenähnliche Landschaft.
Später wollten uns die Hunde einer gewaltigen Schafherde attackieren. Sofort ergriff Frank einen herumliegenden Stecken und hielt damit die Viecher in Schach.
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Endlich erreichten wir wieder feste Straße. Zu den rumänischen Straßen ist zu sagen, dass diese in überwiegend gutem Zustand sind. Allerorten wird gebaut und man hat den Eindruck, dass es diesbezüglich auch gegenüber unserer Reise von vor 2 Jahren echt voran gegangen ist.

Nach 51km kamen wir nach Axente Sever (Frauendorf). Dort machten wir halt bei der berühmten Wehrkirche.
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Aussicht von der Wehrburg

Diese gilt als besonders gut erhalten und sehr gut restauriert.
Daneben befindet sich ein liebevoll eingerichtetes Museum mit sehr viel lokalem Bezug.
Kurz danach haben wir im Kaufland in Medias unsere Trinkbuddeln aufgefüllt. Dass eigentlich Sonntag ist merkt man hier kaum – alle Läden scheinen offen zu sein.
Danach ging es erst mal ziemlich brutal bergauf – wir mussten das Tal wechseln – und die Mittagssonne entfaltete mittlerweile ihre ganze Kraft.
Bei km 81 hatten wir uns endlich 2 Mittagsbiere verdient und wir ließen es natürlich auch ordentlich zischen.
Zwischen Iernut und Lukus blieben uns leider 15km eklige Fernverkehrsstraße nicht erspart. Dank eines ordentlichen Randstreifens war das ganze noch auszuhalten.

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Fernverkehrsstraße ist doof

In Lukus konnten wir endlich die hässliche Straße verlassen und in ein Seitental wechseln. Da wir schon wieder über 40km gefahren waren, wurden wir langsam wieder von der gefürchteten Unterhopfung ereilt. Ein Tante-Emma-Laden an der Wegstrecke schien dieses Problem lösen zu können. Der war aber leider verschlossen. Zwei junge Leute am Tisch davor ließen uns wissen, dass der Laden 16:00 wieder öffnen würde. Zum Glück war es gerade 15:59 – aber das nützte nichts. Der Laden blieb zu. So erinnerten wir uns daran, dass wir bereits seit ner geschlagenen Woche Überbleibsel vom ersten durchorganisierten Teil unserer Reise (Zwönitz – Magyarpolany) in Form von Würsten und Käse mit uns rumschleppten, die eigentlich nur auf ihren Verzehr warteten. So konnte der kleine Hunger bezwungen werden und „pünktlich“ um16:20 schloss die Besitzerin ihren Laden auf. So konnten wir uns am Biere erfreuen. Zum Abschluss gönnten wir uns noch jeder ein Eis. Auch das tut ausgelaugten Fahradfahrerbeinen ausgesprochen gut.
Weiter ging es das gemütliche Tal neben einer Bahnstrecke hinauf. Die bereits recht tief stehende Sonne tauchte nun die gesamte Landschaft in ein wunderbares Licht und wir nutzten diese Gelegenheit für zahlreiche Fotos. Eine für mitteleuropäische Verhältnisse wundervolle gelb-braune, steppenartig anmutende Gräserlandschaft beeindruckte uns. Die Hänge sind steil, teilweise mehrstufig terassenförmig und werden wohl von herumziehenden Schafherden kurz gehalten. Im Tal befinden sich angestaute Gewässer in denen sich der wunderbar blaue Himmel widerspiegelt.
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Kurz vor unserem Tagesziel kamen wir nochmal an einem Kiosk mit angeschlossener Bier- und Kneipengarnitur vorbei und entschlossen uns kurzerhand (weil wir das auch verdient hatten) noch ein wenig Bier zu konsumieren. Der Kneiper sowie ein anwesender Gast nahmen uns sofort in Beschlag und fragten uns nach dem Woher und Wohin aus.
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Da keiner auch nur ein Wort Englisch, Deutsch oder Russisch verstand, zeigte Falk auf dem Handy die bereits absolvierte Strecke (von mittlerweile ca.  1.750km) auf. Das sorgte für Fassungslosigkeit bzw. ziemliches Erstaunen.

Nach weiteren 10km gelangten wir an unseren Zielort und hatten auch keinerlei Probleme eine Pension zu finden.

Gleich dort verzehrten wir zum Abendbrot jeder eine Pizza sowie kühle Getränke

Da wir morgen kein Frühstück kriegen, müssen wir uns unterwegs selber beim Bäcker versorgen, können dafür aber beizeiten durchstarten

Im Herzen Siebenbürgens

Rau Sadului – Sibiu 38km

Gestern abend hatte uns die freundliche Pensionswirtin stolz erzählt, sie sei siebenbürgener Sächsin und käme aus Michelsberg. Wir erhielten damit auch gleich ein paar Tips, was sich anzusehen lohnt.

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Pensiunea in Rau Sadului

So starteten wir heute früh bei bestem Wetter zu einer Mini-Etappe nach Hermannstadt (Sibiu). Ein Blick zurück zeigte noch mal die Schönheit der wilden Karpaten.
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Kurze Zeit später begegnete uns auch der erste „tiefergelegte“ Einspänner. Fuhrwerke sind zwar noch recht häufig anzutreffen, stellen aber nicht mehr den größeren Anteil am Verkehr, wie noch vor einigen Jahren.
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Kurz vor Sadu standen zwei Kühe auf der Straße und mampften das Laub der bei Hangbefestigungsarbeiten gefällten Bäume.
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In Heltau (Cisnadie) bekamen wir die erste der bekannten Wehrkirchen zu Gesicht. Der Küster kassierte etwas mürrisch den Eintritt von 5Lei je Person und zeigte uns noch den Eingang zum Turm.
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Wir kletterten über uralte Treppchen und Stiegen hoch ins Glockengestühl, besahen uns Altar und Deckengemälde.
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Alle alten Inschriften sind in deutsch.
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Rundum läuft ein Wehrgang. Die Außenmauer ist doppelt angelegt, dazwischen soll es früher mal einen Wassergraben gegeben haben.
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Nach einer Stunde machten wir uns auf den Weg ins fünf km entfernte Michelsberg (Cisnadioaria). Hier ließen wir die Räder in einer Kneipe stehen und erklommen den steilen Burgberg zu Fuß. Die Michelsberger Kirchenburg ist eine der ältesten hier, wie man am auch romanischen Baustil erkennt.
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Leider gibt es innen nicht viel zu sehen, es existieren nur eine Menge Gedenktafeln, die an die im ersten Weltkrieg Gefallenen Dorfbewohner erinnern.

Ein kurzer steiler Anstieg und ein nagelneuer Radweg brachten uns hinüber nach Hermannstadt, das alte Zentrum Siebenbürgens. Wir haben uns in der Pensiunea Daniel niedergelassen, nur wenige hundert Meter von der Innenstadt entfernt. Vor der Besichtigungstour wurden noch schnell die Radklamotten durchgewaschen, um morgen auch die letzte Tourwoche halbwegs sauber angehen zu können.

Über eine steile Treppe erreichten wir die Oberstadt. Viele reich verzierte Fassaden sind gut erhalten, bei einigen bröckelt der Putz. Irgendwie haben es die Einwohner geschafft, die Substanz vor dem sonst in Ceaucescus Rumänien oft anzutreffenden Plattenbauwahn zu bewahren.

Jedenfalls hat die Stadt ein besonderes Flair, vielleicht am ehesten mit Italien vergleichbar.
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Die große evangelische Kirche ist leider momentan wegen Baumaßnahmen geschlossen. Die orthodoxe Kathedrale ist reich ausgestaltet und hat ein riesiges Kuppeldach.
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Das katholische Gotteshaus ist wohl etwas kleiner, aber eher noch prächtiger.
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Im alten Rathaus ist ein ganz interessantes historisches Museum untergebracht. Wir waren nur etwas enttäuscht, weil der lokale Bezug nicht so richtig deutlich wurde und es etwas an tiefergehenden Erklärungen mangelt. Im Keller ist eine Sammlung alter Grabsteine, Säulenfragmente usw. untergebracht. Interssanterweise finden sich hier einige römische Kapitelle aus dem Ort, wo wir die Grundmauern auf der Kilometerhatz ignoriert hatten.

Apropos Kilometerhatz — wir werden uns die nächsten Tage etwas sputen müssen und haben den Schwenk Richtung Ostkarpaten gestrichen.

Über die Karpaten

Petrosani – Rau Sadului 90km
Da wir auf der gestrigen zähen Etappe nicht viel erlebt haben und dadurch auch kaum Fotos geschossen wurden, möchten wir das heute ein wenig wieder gutmachen.
Das heutige Frühstück im rumänischen Nobelhotel konnte man durchaus als üppig bezeichnen.
Da wir ja auf der heutigen Etappe 3 Pässe zu bewältigen hatten, versuchten wir noch mal direkt vor dem Hoteleingang den windschiefen Schaltarm an Falks Fahrrad etwas gerade zu biegen. Dieser war noch ein Überbleibsel der großen Schaltarmpanne vom Dienstag, als sich (auf gerader Strecke und ohne Vorwarnung) eine Schraube löste und der Schaltarm in die Speichen gelangte.
Als wir anfingen zu hantieren, machte uns ein aufmerksamer Rumäne darauf aufmerksam, dass gleich 2 Türen weiter ein Radladen sei. Mit so einem netten Zufall war nicht zu rechnen.

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die linke Tür ist das Hotel - rechts der Radladen
So verlagerten wir das Bau- und Bastelgeschehen 2 Türen weiter in die Werkstatt. Der Mechaniker stand schon bereit und hatte das Problem umgehend visuell erkannt. Routiniert und mit geschickten Händen zerpflückte er die Schaltung in alle seine Einzelteile und zeigte an, dass beim am Dienstag „rausgehuppten  Radl“ (Plasterolle) das Lager (Stahlbuchse) fehlte.
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Schnell war die Sache repariert und der Arm geradegebogen. Mit der Rolle wäre Falk wohl nicht mehr weit gekommen, denn die alte war durch das Geeier schon ganz schön abgeschliffen.
Bei dieser Gelegenheit warf der pfiffige Mechaniker noch gleich einen Blick in das Lager von Falks Lenker. Dieser blockierte nämlich mitunter ein bisschen, was auch schnell zum Sturz führen konnte. Wie nicht anders zu erwarten, war das Lager total verdreckt und angerostet. Dieses Dilemma wurde ebenfalls im Handumdrehen behoben.
Wir konnten unser Glück kaum fassen, vollkommen zufällig auf die Werkstatt getroffen zu sein. Falk konnte die drei kleinsten Gänge nicht mehr benutzen. Da wäre die heutige Bergetappe nicht zu schaffen gewesen.
Mit einer Stunde Verzögerung, dafür aber voller Optimismus und bei schönstem Wetter haben wir uns also aufgemacht die Karpaten zu überqueren. Aus dem Ort raus ging es sofort bergauf. Der erste zu überquerende Pass befand sich auf 1.580m. Wir konnten einen Holzlaster einholen, der sich ebenfalls dort hoch quälte. Ca. 2,5km haben wir uns hinten ran gehängt und sind mit konstanten 13km/h die Straße hochgetuckert. Dann bog das Gefährt links ein ins Sägewerk. Länger wäre die Abschlepperei aber auch kaum auszuhalten gewesen, denn die alte Karre qualmte uns unentwegt mit schwarzen Dieselwolken voll, dass es uns fast den Atem nahm und der Anhaltearm wurde langsam taub.
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so fährt es sich doch recht gemütlich den Berg rauf

Weiter ging es auf guter Straße ein breites Gebirgstal mit ganz wenig Verkehr hoch.
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Aufgrund der noch zu bewältigenden Höhenmeter beschlossen wir ca. alle 5km eine kurze Pause einzulegen, um einen Schluck zu trinken, bzw. um die Beine zu entspannen.
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Die Landschaft war äußerst reizvoll und wir gewannen schnell an Höhe. So kamen wir mit 8-9 km/h ganz gut voran. Immerhin sind die Räder mit ca. 30kg Gepäck beladen, da fährt es sich nicht ganz so spritzig.
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Wasser gibt es hier in Hülle und Fülle

Gegen 12:00 erreichten wir den ersten Pass.
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Eine entspannte Abfahrt, auf der aber auch kostbare Höhe verloren ging, brachte uns zur Rast. In der dortigen Kneipe genehmigten wir uns 2 Bier und ein bescheidenes Mittagessen.
Der jetzt folgende Streckenabschnitt (auf den 2. Pass in Höhe von 1.760m) war uns wohlbekannt. Diesen befuhren wir bereits auf unserer Istanbul-Tour 2012 – allerdings in der Gegenrichtung. Kaum zu glauben: 2012 war die ganze Straße (Transalpina) völlig neu hergerichtet, aber jetzt waren einige Stellen nur noch provisorisch aufgeschüttet und viele Straßenarbeiter dabei, die Straßen wieder befahrbar zu machen. Da muss wohl ein Unwetter oder Erdrutsch zugeschlagen und die Straße versenkt haben.
Außerdem standen überall fliegende Händler mit allen möglichen selbstgeernteten Früchten, Marmeladen und unzähligen Stiegen – bis oben voll mit frisch gesammelten Steinpilzen.
Auch der 2. Pass war im Schleichgang errreicht und es schloss sich wiederum eine steile Abfahrt an, auf der der Tacho über 70km/h zeigte.
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Hier kamen wir schon vor 2 Jahren in Gegenrichtung lang

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Wir verloren dadurch wieder gewaltig an Höhe und fanden uns bei ca. 1.300m wieder.
Frank hatte bei der Streckenplanung ermittelt, dass es sich bei der nun folgenden Passüberquerung nur um eine Fahrstraße handelt. Sofort waren unsere Bedenken wieder da, hatten wir doch vor paar Tagen auf sogenannten Fahrwegen in  Ungarn ganz üble Erfahrungen gemacht. Die ungarischen Fahrwege hätte man eher in der sibirischen Taiga vermutet. Heute war es anders und der Weg stellte sich als holprig, aber ganz gut befahrbar – ähnlich dem Weg über den Buchberg – dar. Trotzdem zog sich dieser in die Länge und wir mussten noch einmal bis auf 1.750m Höhe klettern.
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Frank nach der Überquerung des letzten Passes

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Schöne Aussicht von hier oben

Von dort weg ging es sage und schreibe 28km bergab (der Weg blieb allerdings unverändert) und das Bremsen und jonglieren mit den schweren Rädern wurde langsam zur Quälerei.
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Wir trafen regelmäßig auf Waldarbeiter und Waldarbeiterhütten

Das zog sich ca. 1,5 Stunden so hin und wir waren froh doch nochmal auf einer normalen Straße zu landen.
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Die Dörfer in Siebenbürgen sehen recht malerisch und nett aus

Es dauerte auch gar nicht lange und wir fanden ein nette Pension. Da wir ja jetzt schon in Siebenbürgen sind, sprechen viele Menschen passables Deutsch. Beim leckeren Abendbrot und bisschen Bier klopften wir uns nochmal gegenseitig auf die Schulter über die 1.800 Höhenmetern die wir heute mit 30kg Gepäck auf der Hinterachse absolviert haben.
Morgen wollen wir uns mal ein wenig ausruhen und fahren daher nur die ca. 30km bis Sibiu (Hermannstadt) um dort die Stadt zu besichtigen.

Dem Sturme getrotzt

Caransebes – Petrosani 125km

Heute früh kamen wir etwas später als geplant in die Gänge, hatten wir doch keinen Wecker gestellt und damit die Umstellung auf Osteuropäische Sommerzeit (MEST + 1 Stunde) quasi verpennt.

So saßen wir also erst kurz vor Neun rumänischer Zeit im Sattel und verließen diesen auch gleich nochmal, um im Supermarkt etwas schmackhaftes für die Trinkbuddel zu ergattern. Heute brachte Falk einen Ananas-Saft mit, der sich dann allerdings eher als süßes Zeug ohne Geschmack herausstellte.

Zunächst fuhren wir auf einer größeren Straße talaufwärts Richtung Hateg. Nach reichlich 20km hielten wir kurz an, um eine Kirche zu fotografieren. Diese schien uns relativ neu gebaut, aber in einem alten Stil.
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Der weitere Anstieg war anfangs unmerklich, nahm aber nach ca. 40km deutlich zu. Wir legten bei km 56 eine Pause ein. Hier gab es ein archäologisches Museum, hatten doch die Römer hier deutliche Spuren hinterlassen. Wir waren aber beide der Meinung, dass die Besichtigung von alten Grundmauern mit rumänischsprachiger Erklärung uns nur wenig bringt und strampelten alsbald weiter.
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Weiter oben sahen wir linker Hand eine unheinlich verrostete und vergammelte Industrieanlage, in Rumänien leider keine Seltenheit.
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Nach Überwindung eines ersten kleinen Passes mit einer Höhe von ca. 700m über NN ging es einige Zeit bergab. Dabei kam ein starker Wind von der rechten Seite auf, der uns bereits böses erahnen ließ.

Leider blieb es nicht bei der Ahnung, ab Hateg führte unser Weg südostwärts bergan Richtung Petrosani und damit direkt in den Wind hinein. Nach ca. 15km Geracker in kleinen Gängen gegen den Sturm waren unsere Energiespeicher erstmal leer. Wir füllten diese in einer Kneipe am Straßenrand mit Schnitzel, Palatschinken und Bier wieder auf. Dabei zogen wir die Rast auf fast eine Stunde in die Länge, immer in der Hoffnung auf nachlassende Luftbewegung.

Und tatsächlich, im Folgenden war der Wind weniger problematisch. Das lag aber wohl mehr daran, dass das Tal jetzt kurvenreicher war und sich auf einen weiteren Pass auf ca. 750m hoch wand. Hier zwang uns die Steigung und der zusehende Kräfteschwund zu einem Halt auf offener Strecke. Rechterhand, also südwestlich unserer Route erhebt sich das Retezat-Gebirge. Heute nachmittag schien es, als hätte sich dort ein schlechtes Wetter festgehakt.
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Etwa drei Kilometer weiter hatten wir dann allerdings den Scheitelpunkt erreicht und sausten, nur kurz für einen Fotohalt unterbrochen, zu Tale.
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Da die Schaltung an Falks Rad noch immer etwas schief läuft und nicht optimal eingestellt ist, wollten wir heute abend noch etwas am Material werkeln. Zudem gibt das Lenkerlager ab und zu ein knackendes Geräusch von sich und läuft nicht richtig rund. Wahrscheinlich hat sich bei den Schlammschlachten in Ungarn Dreck ins Lager verirrt und müsste mal mit Demontage und Fett vertrieben werden.

Leider hat uns die langwierige Suche nach einer Unterkunft die Sache etwas vermasselt, so dass das Rad morgen erstmal unrepariert ins Hochgebirge hinauf muss.

Petrosani hinterläßt bei uns einen etwas zwiespältigen Eindruck. Die äußere Anmutung ist zunächst „dreckige Industriestadt“, es gibt aber eine nette Innenstadt mit Fußgängerzone und mindestens zwei alten Kirchlein. Wir sitzen gerade im „Restaurant Medieval“ im mittelalterlichen Ambiente, mit wenig mittelalterlichem nervenden Fernseher in der Ecke, aber richtig leckerem italienischen Essen.