Ramsau im Zillertal – Terenten – 113km, gesamt 437km
Bei den netten Wirtsleuten habe ich nach dem Frühstück noch eine Ansichtskarte eingesteckt, vielleicht komm‘ ich mal im Winterurlaub hier vorbei. Dann musste ich die Bremsen noch etwas nachstellen. Ich hatte ein arges Schleifgeräusch am Hinterrad, hoffentlich macht die Felge nicht schlapp.
Hinter Mayrhofen biegt die kleine Straße durch die Dornaubergschlucht Richtung Schlegeisspeicher ab und steigt sofort kräftig mit ca. 12% an. Vom Rand der Schlucht ergeben sich interessante Tiefblicke hinab und zurück ins Zillertal. Die Straße wurde gerade instand gesetzt, dadurch war der Belag teilweise weg und ich mußte mich auf Schotterpisten an Baggern und Lastern vorbeidrängeln.
Nach ca. 3km trifft man wieder auf die B169, die von Mayrhofen hier herauf durch einen langen Tunnel führt. Weiter ging es durch mehrere Galerien und zwei längere, gut ausgebaute Tunnel. Ein breiter Gehweg im Tunnel eignete sich gut als Radweg. Hier steigt die Straße auch weniger stark an, könnten so 5..8% sein.
Vor dem Zemser Grund gibt es wieder steilere Stücken. Diese Steilabschnitte werden auch länger, je weiter man nach obern gelangt. Vorbei an einem markanten Kletterfelsen auf der linken Tailseite gelangte ich zur Mautstation an der Schwemmalm. Ab hier ist die Straße teilweise nur noch einspurig, weshalb es einen Ampelbetrieb mit ziemlich langen Schaltzeiten gibt. Ich bin schonmal bei Rot losgefahren. Ein fettes Hinweisschild „Radfahren auf eigene Gefahr“ schärft schon mal die Aufmerksamkeit. Nach einigen Serpentinen erreicht man einen schmalen, nur spärlich ausgebauten und beleuchteten Tunnel. Ich ließ erst die Autoschlange passieren und hängte mich dann hinten dran. Zwei Ausweichbuchten im Tunnel reichten gerade, um einige Nachzügler an mir vorbeizulassen. Auf jeden Fall sollte man nicht zu langsam werden, sonst erwischt einen der Gegenverkehr. Der Anstieg zwischen den Tunnels wird so ca. 12% sein, im Tunnel etwas weniger. Interessant ist, wie sich das eigene Keuchen und Schnaufen an den Tunnelwänden bricht und verstärkt.
Am Ausgang des zweiten Tunnels erreicht man den Zamser Grund. Zwei Kurven weiter kommt die imposante Staumauer des Schlegeisspeichers ins Blickfeld. Nach einem etwa einen km langen Flachstück pegelt sich die Steigung wieder bei 10..12% ein. Die Krone des Stausees erreicht man dann über weitere Serpentinen und zwei kleine Tunnels, die sich am rechten Hang hochwinden, alles um die 12% Steigung.
Am Ausgang des oberen Tunnels ist ein großer Parkplatz. Ich hab‘ mich unter die vielen Leute gemischt, die den Fußweg über die Staumauer nutzten, um an gute Foto-Standorte zu kommen. Die CF-Karte in meiner Knipskiste war auch schon voll und die Batterien leer. Nachdem beides gewechselt war, radelte ich noch ca. 1km am rechten Ufer des Stausees entlang. An der Zamser Hütte hielt mir eine ältere Dame das Viehgatter auf und fragte, ob ich zum Pfitscher Joch wolle. Das klang so, als radelten hier immer mal Leute lang. Ich war mir ja nicht ganz sicher, ob das letzte Stück bis zum Pass fahrbar sein würde und schöpfte Hoffnung. Diese wurde aber bereits nach ca. 300m zu nichte gemacht, grobe Steine zwangen mich vom schwer beladenen Tourenrad. Ein Biker überholte mich und zeigte, dass es mit dem Mountainbike geht. Ein Stück weiter oben sehe ich ihn dann aber auch absteigen und das Bike tragen.
Ich schiebe. Teilweise erfordert das einen richtigen Krafteinsatz, es gibt einige extrem steile Stücken, an denen man das Rad eigentlich tragen müsste, was aber mit den Packtaschen nicht geht. Meine Taktik sah dann so aus, dass ich das Vorderrad hochgerissen und über die Stufe gewuchtet habe. Den Rest habe ich dann am Sattel oder Oberrohr fassend nachgezogen.
Über der Baumgrenze zeigte sich das Hochgebirge von seiner schönsten Seite, Felsen und Almen, so weit das Auge reicht. Ein Pärchen kam mir auf Mountainbikes entgegen und zauberten ihre Räder über die felsige Strecke. Am steilsten Stück mussten sie aber auch passen und schoben lieber bergab. Die Frau meinte noch „Du bist ja a ganz Bepackter!“.
Ab der Lavitzalm wurde der Weg viel breiter und war für einige hundert Meter fahrbar. Kaum wurde es wieder steiler, war die Piste aber so ausgewaschen und voller grober, wegrollender Kiesel mit 3..10cm Durchmesser, dass an Fahren nicht mehr zu Denken war. Sogar das Schieben war extrem beschwerlich, rutschte doch ständig die ganze Fuhre zur Seite weg. In der ersten Kehre der letzten Serpentinenstrecke vorm Pass traf ich ein Paar aus der Oberlausitz. Wir liefen zusammen das letzte Stück bis hoch zum Pass, der direkt auf der Grenze nach Italien liegt. Ab dort bin ich wieder aufgestiegen und den steilen Anstieg zum Pfitscherjoch-Haus hochgefahren, dass auf einem Hübel oberhalb des Passes trohnt. Eine phantastische Aussicht auf die umliegenden Berge, hinab ins Pfitscher-Tal und die schneebedeckte Gipfel in südlicher Richtung darüber entschädigten für die Plackerei. Ob es sich bei den Schneeriesen im Süden um das Ortler-Massiv handelt? Die Richtung könnte passen.
Nach einer Ruhepause und einem wohlverdienten Weißbier ging es wieder in den Sattel. Die steile Abfahrt hinab ins Pfitscher-Tal auf schotterigen Wegen erfordert viel Aufmerksamkeit, ist aber auch mit bepacktem Tourenrad zu schaffen. Man muss nur an einigen Stellen mit losem Geröll oder ausgewaschenen Rinnen vorsichtig sein. Im Gegenverkehr quälten sich einige Mountainbiker den steilen Hang hinauf. Im Wald warten einige Kehren, bei denen man tunlichst schon vorher runterbremsen sollte!
Nach dem ersten Bauernhaus geht’s auf asphaltierter Strecke noch eine Spitzkehre hinab und dann auf eine breite Talstraße. Hier blies mir ein heftiger Gegenwind entgegen, so dass ich trotz weiterem steilen Gefälle nur noch mit ca. 35km/h bergab rollte. Unten im Wipptal angekommen, fragte ich mich, ob ich diese endlos vielen Höhenmeter wirklich hochgefahren bin.
Ein Schild „Eisackstraße“ verlockte mich, links abzubiegen. Das erwies sich aber leider als Sackgasse, so dass ich über einen Fußweg in einem großen Bogen zurück Richtung Wipptal fuhr. Dann fand ich doch noch eine Brücke über den Fluss, der Schotterweg ging auch bald wieder in eine Straße über. Ich fuhr bergauf durch den Ort und erreichte so den gut ausgebauten Eisack-Radweg. Dieser ist fein asphaltiert und gut beschildert, allerdings auch mit einigen Gegenanstiegen „verziert“. Die Abfahrten waren teilweise mit 17% beschildert, Radler im Gegenverkehr machten einen etwas gequälten Eindruck.
An einer Wasserzapfstelle habe ich pausiert, die Buddel aufgefüllt und einen Kuchen verdrückt. Eine Frau kam mit dem Auto angefahren und füllte einen ganzen Kasten mit Wasserflaschen mit dem kostenlosen Mineralwasser direkt aus dem Berg auf.
Ungefähr 5km vor der Franzensfeste wechselt der Radweg von der rechten auf die linke Talseite. Hier hatten einige Murenabgänge dem Radweg übel mitgespielt. Einige weggespülte Stücken konnte ich mit Schwung überfahren, bei anderen war Schieben angesagt. Bei Franzensfeste war der Radweg dann ganz verschüttet, so dass ich die letzten Meter bis zur Festung auf der Straße zurücklegen mußte.
Die Schlucht südlich der Franzensfeste läßt sich auf einem wunderschönen Radweg durch den Ort Aica umfahren, der schon als Pustertal-Radweg ausgeschildert ist. Weiter ging es dass Pustertal hinauf. In Nieder-Vintl folgte ich dem Abzweig Richtung Pfunderer Tal und an einer Gabelung im Ort Richtung Terenten. Die Straße führt mit gleichmäßiger Steigung von ca. 10% ungefähr 500 Höhenmeter hinauf auf die südtiroler Sonnenterassen am Nordhang des Pustertals. Meine ausgelaugten Beine zwangen mir den kleinsten Gang und einige Verschnaufpausen auf. Ich bin dann auch gleich in der ersten Pension links vom Ortseingang Terenten abgestiegen.
Zum Abendessen bin ich in den Ort gelaufen. Im Hotel „Zum Hasen“ gab’s nach 20:30 Uhr nur noch Pizza. Die Calzone war groß und durchaus gut, mein Kohlenhydratspeicher hatte ein Auffüllen auch dringend nötig.
Zurück | Weiter |