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Böhmische Taiga

2. Etappe Karlsbad – Franzensbad

Misstrauisch nahmen wir zur Kenntnis, dass die heutige Etappe nur 65km lang sein sollte, waren wir doch voriges Jahr immer nahezu die doppelte Strecke unterwegs. War es Rücksicht auf das gestiegene Durchschnittsalter der Team-Mitglieder?

Wir starteten nach einem ordentlichen Frühstück und waren schnell aus dem erstaunlich verkehrsarmen Karlsbad heraus. Der Radweg Nr. 6 führte uns Eger-aufwärts. Bald hatten wir eine spektakuläre Felsformation (genannt Heiliger Felsen) erreicht.

Einige Meter weiter überquerten wir die Eger auf einer noch spektakuläreren Hängebrücke. Es schwankte und schaukelte ganz beträchtlich. Einige Mitfahrer assoziierten den optischen Eindruck mit dem gestern abend erworbenen Restalkoholpegel — „Als wär man besoffen“.

Bei schönstem Radlwetter erreichten wir, immer der ruhig dahinfliessenden Eger entgegen, das Örtchen Loket (Ellbogen). Eine sausteile Auffahrt auf Katzenkopfpflaster brachte uns zunächst auf den Markt und dann hinauf zur Burg, die hier schon seit dem 12. Jahrhundert herumsteht.

Nach der offiziellen Führung holte sich der ein oder andere weitere Anregungen zum Umgang mit Frevlern und Delinquenten in der recht realistisch gestalteten Ausstellung im Folterkeller.

Nach dem Auftanken von Flüssigkeiten in Form von Suppe und Bier im hiesigen Brauereigasthof radelten wir weiter, auf dem feinen Radweg Nr. 6 und über fast autofreie Nebenstraßen. Die Fuhre wurde nur unterbrochen von Anrufen und SMS bei unserem Scout, der sich so nebenbei auch noch um abgestürzte Server kümmern musste. Aus diesem Grund wird hiermit der anbimmelnde Kollege zum Saboteur des Tages ernannt.

Bei km 50 steuerten wir das Sooser Moor an. Es handelt sich dabei um eine geologische Besonderheit, mit kleinen Schlammvulkanen (Mofetten). Unsere Catering-Crew empfing uns dort mit einigen Leckereien und Getränken. Ein anschliessend zum Frevler des Tages erklärte Tourteilnehmer (Tarnname IM Eichhörnchen) leerte eine Bierdose statt in den eigenen Schlund auf den Boden.

In Franzensbad durchquerten wir das feine Kurviertel und senkten dadurch den Altersdurchschnitt der Anwesenden um ein Vielfaches.  Kommentar einer älteren Dame: „Die dürfen hier nicht langfahren!“

Tatsächlich erreichten wir nach nur knapp 70km das Tagesziel, womit sich unser Misstrauen als unnötig und der Scout als rehabilitiert erwies.

Lobend soll noch der Beezer-Paparazzo erwähnt werden, er kümmert sich dankenswerterweise um das Einfangen von Bildmaterial.

1.Etappe Zwönitz – Karlsbad

Nachdem sich das Gros der Mannschaft pünktlich 8:30 an der Ecke DC eingefunden hatte, ging es schnurstracks zum Zwönitzer Markt, wo wie immer die offizielle Verabschiedung zelebriert wurde.

Bei bestem Sonnenschein ging es pünktlich über Burgstädtel, Ausspanne, Finkenburg, Schlettau zur Cranzahler Talsperre. Dort erwartete uns bereits unsere Versorgungscrew mit köstlichen belegten Broten, Kaffee und anderen Leckereien. An der „Talsperre der Freundschaft“ herrschte ein striktes Halteverbot, welches unsere Crewmädels zugunsten ihrer strampelnden Männer umgingen, denn die Brunchtafel sollte auch repräsentativ am FDJ-Denkmalstein aufgebaut werden.

Es dauerte auch nicht lange und es erschienen 2 Herren von der Talsperrenverwaltung. Diese wiesen uns wichtigtuerisch auf das Halteverbot hin und hielten einen arroganten, sinnfreien Vortrag über die Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Da die beiden Herren nicht zum spaßen aufgelegt waren, packten wir grinsend unsere Sachen und zogen weiter.

Die Fahrt ging weiter über Bärenstein, wo wir die Grenze zu Tschechien überquerten. 

Dann ging es weiter auf typisch böhmischen Nebenstraßen in Richtung Erzgebirgskamm. Endlich folgte die rasante Schussfahrt ins Böhmische.

An einem unübersichtlichen Abzweig verloren wir einen leichtsinnigen Fahrer aus dem Nachwuchsbereich. Dieser war so im Geschwindigkeitsrausch, dass er immer weiter geradeaus direkt an die Eger schoss. Martin versuchte noch hinterherzueilen, aber das Vorhaben misslang. Für diese grandiose Rettungstat wird Martin zum heutigen „Fahrer des Tages“ gekürt. Aufgrund glücklicher Umstände gelang es dem aufmerksamen Cateringteam unseren hilflos umherirrenden versprengten Fahrer auf der Eger-Magistrale einzufangen und dem Stammteam zuzuführen. Vom Mannschaftsrat wurde einstimmig beschlossen, dass das Strafmaß für das „Unerlaubte Entfernen von der Mannschaft“, durch Zahlung einer Getränkerunde für alle Mitglieder reduziert werden kann.  Ferner wird an dieser Stelle auf die Nennung des Klarnamens des Deliquenten verzichtet. Nur ein Hinweis sei gestattet: Der Wohnsitz des Beschuldigten befindet sich „hinter der Autobahn“.

Ritter Ronny von Hauenstein

Erstmalig in der mittlerweile 6 jährigen Geschichte des Teams  „Blauer Blitz“ befand sich heute morgen eine E-Bikerin am Start. Übereinstimmend kann festgestellt werden, dass dieses exotische Gefährt durchaus zur Bereicherung des Tourlebens beiträgt. Durch gekonnte Strecken- und Pausenplans unserer Teamleitung konnte das stets um uns herum ziehende Regengebiet ausgetrickst werden. Bis zum Zieleinlauf in Karlsbad blieben wir trocken.

Wasserschlacht vor Zwettl

Tabor – Zwettl, 125km, Summe: 367km

Nach einem deutlich reichhaltigeren Frühstück als am Vortag, das auch bereits um 7 zu bekommen war, verzögerte sich der Start trotzdem bis 8:30. Ursache dafür war ein über Nacht platt gewordener Hinterreifen an Steffens Rad. Schnell war das Problem durch Schlauchwechsel behoben, wobei wir trotz ausgiebigen Fummelns im Reifen die Ursache des Lochs nicht finden konnten.
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Bei noch erträglichem Nieselregen starteten wir mit einer etwas verzwickten Ausfahrt aus Tabor. Die nächsten Kilometer legten wir auf einem schmalen Wegelchen direkt am Fluss Luznice zurück. Auf Grund des dreckigen Untergrundes musste der Antriebsstrang schwer leiden. Diverse Knirschgeräusche verflüchtigten sich etwas später wieder, der Sand wurde vom reichlichen Regen abgespült.

Nach einer recht langatmigen Radelei auf immer ähnlichen Straßen führte uns die geplante Strecke über einen patschnassen Wiesenweg.
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Danach folgte eine richtig schöne Strecke, auf gut ausgebauter Forststraße schnurgerade durch den südböhmischen Wald.
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An einem kleinen See bei Stara Hidla erwartete uns Kerstin zur Rast. Der Regen hatte aufgehört, trotzdem waren insbesondere heiße Suppe und Würstchen gefragt. Da es gerade 12 geschlagen hatte, war auch die Einnahme eines Mittagsbiers erlaubt. Außerdem gab es hier eine Premiere: Steffen flickte zum ersten Mal in seinem jungen Leben einen Fahrradschlauch.
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Kaum wieder im Sattel gelangten wir auf teils recht schmalen und schlammigen Pfaden an einer malerischen Seenlandschaft vorbei, man wähnte sich fast in Finnland oder Schweden. Enten, Schwäne und Reiher bevölkerten die Gewässer. Eine natürlich entstandene Baumsperre wurde durch tragen der Räder überwunden.
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Der Weg war von reichlich Heidekraut, Schwarz- und Preiselbeeren gesäumt. Man hätte an einigen Stellen auch die Pilze mit der Sense ernten können. Einige Sammler kamen uns mit übervollen Körben entgegen.
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Ein Bächlein ließ sich nur auf einem ganz schmalen Brett überwinden.
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Auch der nächste Streckenabschnitt ging durch ausgesprochen schönen Wald. Ein überdeutlicher Luftverlust an Steffens Hinterrad zwang die Mannschaft zum kurzzeitigen Halt und Training der bisher vernachlässigten Armmuskulatur durch rege Pumperei.

Ein etwas vernachlässigt wirkendes Gut beherrbergte einige Schweine, die sich bestimmt über die saudreckigen Radfahrer gewundert haben.
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Wenig später erreichten wir die Grenze zu Österreich. Auf der Straße Richtung Gmünd setzte der Regen wieder ein, heftiger und ungemütlicher als am Morgen. Noch einmal wurde Steffens Reifen zwangsbeatmet.
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Kerstin hatte wohlbedacht die nächste Rast an einer geräumigen überdachten Bushaltestelle eingerichtet. Hier wurde dann auch der Schlauch an Steffens Rad nochmals gewechselt. Er war jetzt bereits mit der vierten Luft unterwegs. Da er das mit einem Lächeln wegsteckte, wird er heute zum Fahrer des Tages gekürt.

Von Gmünd Richtung Zwettl folgten wir über viele Kilometer einer recht befahrenen Straße. Von oben wurden wir dabei ohne Gnade mit Wasser beschüttet. Zum Schluß fuhren wir auch nicht mehr versetzt, um dem Spritzwasser vom Vordermann zu entgehen, es war eh‘ alles nass und durchweicht.

Die letzten Meter quälten wir uns einen übermäßig steilen Anstieg zur Unterkunft beim Bergwirt hinauf. Die Unterkunft ist wirklich schön, einige Teammitglieder nutzten auch gern die Möglichkeit, sich in der Sauna wieder auf Normaltemperatur zu bringen.