Abschied von den Karpaten

Budesti – Satu  Mare 122km

Gestern abend tauschten wir noch eine Menge Erlebnisse mit unseren Zimmernachbarn aus, Jen und Bob aus England, die auf einer Wander- und Bustour die rumänischen Nationalparks abklappern.

Nach dem äußerst umfangreichen Frühstück in der Pension Bonton in Burdesti, daß auch für unsere langjährigen gedehnten Mägen nicht zu schaffen war, starteten wir genau um 8. Die Straße führte in vielen Serpentinen steil in die Höhe. Vom Ausgangspunkt auf knapp 600m über NN galt es, einen letzten Pass auf 1057m zu bezwingen.
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Die schöne Landschaft der Maramuresch, Bergwiesen voller Heuschober, felsige Bergkuppen und bereits etwas herbstlicher MIschwald wurde in mehreren Fotos festgehalten.
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Unser Bergauf-Drang wurde durch ein Klickgeräusch an Falks Hinterrad jäh gebremst. Eine kurze Kontrolle ergab, dass eine weitere Speiche den Geist aufgegeben hatte. Vielleicht war das eine Nachwirkung des Schaltarm-Dilemmas in Serbien, oder die Rüttelei im Weintal bei Oberwischau (Viseu de Sus) hat dem Ding den Rest gegeben.
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Da wir das ja Alles vor kurzem schon unfreiwillig trainiert hatten, gingen Demontage des Ritzelsatzes, Speichenwechsel und Zusammenbau fix von der Hand. Leider gab nach dem Aufpumpen auch noch der Schlauch ein langgezogenes Zischgeräusch von sich, das Ventil war ausgerissen. Aber auch dieses Problem war schnell erledigt. Auch der Pass erwies sich als weniger dramatisch, wir waren ja auch ausgeruht. Oben gibt es ein kleines Skigebiet mit ältlichen Schleppliften.

Die Abfahrt nach Cavnic brachte ein seit längerem nicht mehr bekanntes Problem mit sich — wir froren wie die Schneider. In dem engen kurvenreichen Tal hatte sich kalte Luft festgesetzt. Wir waren dann ganz froh, bei Surcesti nach links abbiegen zu können.

Nach weiteren 2km gelangten wir zur alten Kirche von Surcesti, mit 72m die höchste Holzkirche der Welt. Diesmal konnten wir auch das Innere besichtigen, eine alte Frau schloss uns extra auf. Schlüssel und Schloss erschienen uns uralt und massiv, allein der Schlüssel wog bestimmt 1…2kg.
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Neben dem riesigen, schlanken Turm beeindruckten uns vor allem die Malereien im Inneren, die die biblische Geschichte in teils recht dynamischen, dramatischen und drastischen Bildern darstellten.
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Die Bauweise der Kirchen erscheint uns auch recht interessant, auf einer Gründung aus Feldsteinen ruht das Gebälk und wird von dicken, krummgebogenen Eisenarmierungen zusammengehalten.

Auf der folgenden Wegstrecke wechselte der Belag von neu und glatt bis grobem Schotter. Die Spitze im negativen Sinne hielt dabei ein ca. 5km langer Kiesschotterweg westlich von Koteau. Dabei ging es auch noch abschnittsweise steil bergan und wir wurden mehrfach von entgegenkommenden Autos eingestaubt. Falks Hinterrad hat diese Speichenprobe jedenfalls überstanden.
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Nach Erreichen einer ordentlichen Straße ereilte uns der Bierdurst. Falks Frage nach dem „Menu“ wurde von der netten, durchaus des Englischen halbwegs mächtigen, Kellnerin misdeutet, wir erhielten ohne weitere Nachfrage das Tagesmenü des Ladens, bestehend aus einer leckeren Reis-Hühner-Suppe und einem lauwarmen, ungewürzten Weiße-Bohnen-Gulasch-Pamps von eingeschränkter Schmackhaftigkeit.

Nach diesem Halt bei ca. km 66 gibt es nicht mehr viel zu erzählen. Die Straße erreichte die Ebene eines breiten Flusstals südlich Baia Mare und Satu Mare. Wir flogen auf einer guten Straße mit mäßigem Rückenwind dahin und hatten kurz vor 18 Uhr unser Tagesziel ohne weitere Anstrengungen erreicht.
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Eine Bahnbrücke eingangs Satu Mare wird auch von Fußgängern und Radfahrern benutzt. Kennen die alle den Fahrplan?
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Weißbrot und Peitsche

Viseu de Sus – Budesti 66km

Auf den letzten beiden Etappen gestern und vorgestern haben wir durch zwei Gewaltritte und eine Streckenverkürzung unseren eintägigen Rückstand wieder aufgeholt. Nach reichlich 320km in Richtung Norden befinden wir uns jetzt wieder auf der geplanten Route.
Deshalb wollten wir es heute ganz ruhig angehen lassen. Viseu de Sus ist auch bekannt für die hier startende äußerst historisch anmutende Waldeisenbahn (Wassertalbahn). Diese Schmalspurbahn ist auf ausgeleierten Gleisen mit Dampfloks aus dem vorvorigen Jahrhundert unterwegs. Auf einer abenteuerlichen Fahrt kann man zusammen mit den Holzarbeitern tief in die karpatischen Wälder bis kurz vor die ukrainische Grenze fahren. Unterwegs wird man mit rustikalem Essen vom Grill und mit Getränken versorgt. Darauf hatten wir uns sehr gefreut, doch es sollte anders kommen. Nachdem wir pünktlich 8:00 am Bahnhof angekommen waren, teilte uns ein freundlicher Mitarbeiter mit, dass die qualmende Rumpelbahn seit dieser Woche nur noch von Donnerstag bis Sonntag unterwegs ist. Darüber waren wir sehr enttäuscht.
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Nach ein paar Fotos auf dem Bahngelände holten wir das Frühstück in einer der zahlreichen Bars nach. Diese Bars führen aber nur Cafe, nerviges Fernsehgequäke, Bier, Cola usw. Zu essen sucht man vergeblich. Generell sind Backwaren (außer das allgegenwärtige Weißbrot) sehr rar. Wir fanden dann aber noch einen Stand an dem wir köstliche Hörnchen für fast kein Geld kaufen konnten. Die wollten wir im Garten unserer Pension verdrücken. Dabei stießen wir auf das nächste Problem: Der Pensionswirt ging ja davon aus, dass wir erst um 3 mit dem scheppernden Rumpelexpress wieder kämen. Und so war das hohe Gartentor fest verschlossen. Zum Glück erreichten wir ihn per Handy und es dauerte keine 10 min und er kam mit seinem Auto angebraust. Er sei Lehrer und müsse gleich wieder weg, weil in 6 min die Pause zu Ende wäre. So konnten wir uns trotzdem noch in aller Ruhe stärken, Klamotten packen und die Räder satteln.
Mit der unfreiwillig gewonnenen Zeit wollten wir nun langsam und gemütlich einige Kilometer westwärts in Richtung Budapest rollen. Dadurch würden sich unsere letzten 4 Etappen wenigstens noch ein wenig verkürzen.
Kaum auf die Hauptstraße eingebogen, rief uns schon ein sportlich, modern gekleideter Mountainbiker zu und fragte, ob wir Deutsche seien.
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Sofort entbrannte während der Fahrt eine angeregte Diskussion über das woher und wohin los. Es stellte sich raus, dass er (Alexandru) bei seiner deutschstämmigen Oma Deutsch gelernt hatte. Außerdem hat der eine Cousine in Augsburg, die er öfters besucht. Er ist bei der Berufsfeuerwehr und hatte heut frei. In seiner freien Zeit fährt er viel mit seiner Frau durch die Karpatenwälder. Er konnte uns die Frage auch nicht beantworten, warum in Rumänien so gut wie keine sportlich ambitionierten Radler unterwegs seien. Es ist ja nicht so, dass hier keiner Rad fährt. Den gemeinen rumänischen Radfahrer hört man schon von weitem. Man trifft hier nämlich auf kein Fahrrad, dass nicht quietscht und klappert. Darüber hinaus scheint die durchhängende Kette und fast keine Luft auf den Reifen hierzulande zur ersten Fahrradfahrerpflicht zu gehören.
Mehrfach bedauerte unser rumänischer Fahrradfreund, dass wir uns nicht gestern schon kennengelernt haben. Es gäbe doch so viel zu erzählen und wir hätten bequem bei ihm schlafen können…
Nach ca. 10km trennten sich unsere Wege dann. Aber vorher wurden noch Adressen und Nummern ausgetauscht.
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Unser Weg führte uns jetzt ein Seitental hinauf. Wieder war die Strecke von Pferdefuhrwerken und die bergige Landschaft von den typischen rumänischen Riesenheuschobern geprägt.
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In Bocioel fand Frank mitten auf dem Weg eine Pferdepeitsche. Da weit und breit keiner zu sehen war, wurde die Peitsche zunächst einmal mitgeführt. Ganz oben auf dem Pass sahen wir schon 2 Pferdekarren mit einer (Groß)-Familie Sinti und Roma. Es war offensichtlich, dass sie was suchten. So gab Frank die gerade erbeutete Peitsche sehr zur Freude aller Anwesenden heraus. Weiterhin vermachten wir den dunkelhäutigen Fuhrwerksbesatzungen unser restliches halbes Weißbrot von gestern. Spätestens jetzt waren wir froh, nicht wie gestern von allen Beteiligten abgekusselt worden zu sein. Es dauerte auch nicht lange und die Leutchen fingen an nach Geld zu betteln.
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Da verabschiedeten wir uns artig und brausten den Pass auf der anderen Seite wieder hinunter.
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Auch hier war die Landschaft wieder saftig grün und Erntearbeiten aller Art waren im vollen Gange.
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In Barsana erreichten wir die ersten hier landestypischen und sehr berühmten hölzernen Kirchen. image

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Es handelte sich aber um ein Kloster, dessen Ursprünge bis auf 1390 zurückgehen. Was heute zu sehen ist, sind Nachbauten von 1993, allerdings in feinster Ausführung.

Langsam kam nun der kleine Hunger auf und wir begaben uns auf die Suche nach einem geeigneten Restaurant. Das ist aber (außer in großen Städten oder Touristengegenden) recht schwierig. Flächendeckend gibt es hier Bars und Cafes. Außer dem obligatorischen Nerv-Fernseher haben die aber ausschließlich Getränke aller Art im Angebot. Außerdem kommt man regelmäßig an Tante Emma Läden mit angeschlossener Biertischgarnitur vorbei. Da kann das im Laden gekaufte umgehend davor verkonsumiert werden.
Nach dem Anschauen einer weiteren alten Holzkirche (die allerdings verschlossen war)
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entschlossen wir uns in einer Pension abzusteigen. Hier wird noch richtig von der Pensionsmama gekocht. Nach einem Begrüßungsschnaps gab es einen riesigen Topf köstliche Hühnersuppe, Steak mit Kartoffelbrei, Salat und Kuchen im Anschluss. Damit war jeder Hunger vertrieben.

Rumänische Landluft

Sarmasu – Viseu de Sus 170km

In der Pension gab es diesmal kein Frühstück, aber immerhin einen ordentlichen Kaffee. So kamen wir bereits gegen halb Acht auf die Räder. Der erste Weg führte gleich um die Ecke zum nächsten Bankautomaten, waren doch unsere Bargeldreserven ziemlich aufgebraucht. Der Automat wollte aber Franks Karte nicht akzeptieren. Bei der nächsten Bank, 300m weiter, ging es dagegen völlig problemlos.

Im nächtsen Mini-Markt, die es flächendeckend und in jedem kleinen Ort gibt, holten wir uns ein Weißbrot. Einige km weiter frühstückten wir dann etwas abseits der Straße auf einer Wiese. Damit war dann auch der Rest der ungarischen Paprika-Salami aufgegessen.
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Wenig später fiel uns der umfangreiche Verkehr mit den hier ortsüblichen einspännigen Fuhrwerken auf. Bei Budesti fanden wir auch den Grund für das umtriebige Verhalten der Bauernschaft — es gab einen Markt. Eine ganze LKW-Ladung Bretter und Pfosten ging weg wie warme Semmeln. Außerdem wurden außer Textilien noch Gummistiefel, Sicheln, Sensen, Zaumzeug und Hufeisen feil geboten. Manche ältere Herrschaften waren sogar in Tracht unterwegs.
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Weiter fiel uns auf, dass im Gegensatz zu voriger Woche massenweise Kinder unterwegs waren. Die Ferien sind wohl jetzt auch hier zu Ende.
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Die Landschaft zeigte sich anfangs immer noch in vielen Gelb- und wenigen Brauntönen. Insgesamt scheint es im Inneren Siebenbürgens nur recht wenig Wald zu geben.
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In einer Niederung rechts der Straße fanden sich gleich drei Ziehbrunnen vom Typ „Pußta“. Falk musste auch mal schnell ausprobieren, ob und wie das in der Praxis funktioniert. Fazit der Übung: ganz schön viel Aufwand für einen nassen Eimer.
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Die rumänische Staatsbahn scheint den Verkehr wohl eingestellt zu haben — wir fuhren fast den ganzen Tag an diversen Bahnstrecken entlang und konnten nicht einen Zug erspähen.

Je weiter wir nach Norden kamen, desto mehr bewaldete Hänge engten das von uns befahrene Tal ein. Gegen Mittag holten wir uns ein Bierchen in einer Minimarkt-Kneipen-Kombination. Ein später hinzugekommener Gast am Nachbartisch fragte uns in ganz brauchbarem Deutsch nach dem woher und wohin. Er selbst wäre zu Kohls Zeiten, also noch vor dem EU-Beitritt Rumäniens, zwei Jahre als Asylbewerber in Deutschland gewesen und hätte dabei unter anderem in Sondershausen gelebt. Er konnte es nicht so recht fassen, welche Strecke wir auf dem Rad zurückgelegt hatten. Vor allem wunderte er sich, wie unsere Reifen das aushalten. Und damit keiner denkt, wir fahren ungeküßt durch die Gegend: Als wir uns dann verabschiedeten, wünschte er uns vielmals alles Gute und jeder von uns bekam noch einen saftigen Schmatz auf die Wange gedrückt.
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Aufkommender Hunger ließ und bei einem als Restaurant getarnten Imbissstand einkehren. Es gab gegrilltes Schweinenackensteaks mit Brot, dessen Zubereitung sich arg in die Länge zog.

Mittlerweile etwas unter Zeitdruck, traten wir die nächsten 35km kräftig in die Pedale und erklommen dabei einen reichlich 800m hohen Pass.
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Nach einem weiteren Anstieg um reichlich 100 Höhenmeter und einer langgezogenen Abfahrt erreichten wir unser Tagesziel Oberwischau (Viseu de Sus).

Entsprechend U.’s Empfehlung fuhren wir über eine unglaublich buckelige Staubstraße ca. 3km ins Weintal hinein. Leider war die Maramures-Pension bereits komplett belegt. Das Hotel in der Nachbarschaft hatte die Saison bereits für beendet erklärt, es war alles verschlossen und finster.
Wir sind dann also die Nervstrecke zurückgefahren und fanden bei hereinbrechender Dunkelheit noch eine zentrumsnahe schöne Pension in Viseu de Sus.

Der abendliche Kneipenbesuch wird von uns außer zum Auffüllen des Kohlehydratspeichers auch zum Bloggen benutzt. In der Heimat werden ja manchmal die Ohren der Gäste in Form volkstümlichen Tralalas gequält. Hier ist das ganz anders, in jeder Kneipe läuft auf 1…5 riesigen Fernsehern eine Simpel-Rhythmus-Musik ohne erkennbare Melodie. Dazu gibt es in endloser Wiederholung tanzende Hupfdohlen. Es kommt also zur akustischen auch noch eine visuelle Qual hinzu.

Unerwartete Landschaften

Sibiu – Sarmasu 162km
Wie gestern bereits erwähnt, mussten wir die ursprünglich geplante Strecke ein wenig verkürzen. Frank hatte dazu gestern in der Kneipe im Handumdrehen eine Alternativroute zusammengestellt. Diese führte uns nun steil nach Norden durch landwirtschaftlich geprägte, durchaus interessante Landschaften.
Durch pünktliches und ordentliches Frühstück konnte 8:30 doch noch angemessen zeitig gestartet werden. Das Wetter war eigentlich wie immer – angenehm warm mit 3 Schönwetterwölkchen.
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Die ersten km schnurrten schnell dahin. Bei Kilometer 32 ging die Straße in einen Feldweg über. Nach paar Kilometern gelangten wir auf einen Bauernhof. Mit Händen und Füßen wurde nun gezeigt und erklärt. Wir versuchten der Beschreibung des Bauern zu folgen
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und gelangten an ein zugerammeltes Gatter. Die mit Draht zugezwirbelte Tür konnte schnell geöffnet und im Anschluss   selbstverständlich auch wieder ordnungsgemäß verschlossen werden.
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Auf einem lehmigen Huckelweg ging es nun einige Kilometer weiter durch steppenähnliche Landschaft.
Später wollten uns die Hunde einer gewaltigen Schafherde attackieren. Sofort ergriff Frank einen herumliegenden Stecken und hielt damit die Viecher in Schach.
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Endlich erreichten wir wieder feste Straße. Zu den rumänischen Straßen ist zu sagen, dass diese in überwiegend gutem Zustand sind. Allerorten wird gebaut und man hat den Eindruck, dass es diesbezüglich auch gegenüber unserer Reise von vor 2 Jahren echt voran gegangen ist.

Nach 51km kamen wir nach Axente Sever (Frauendorf). Dort machten wir halt bei der berühmten Wehrkirche.
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Aussicht von der Wehrburg

Diese gilt als besonders gut erhalten und sehr gut restauriert.
Daneben befindet sich ein liebevoll eingerichtetes Museum mit sehr viel lokalem Bezug.
Kurz danach haben wir im Kaufland in Medias unsere Trinkbuddeln aufgefüllt. Dass eigentlich Sonntag ist merkt man hier kaum – alle Läden scheinen offen zu sein.
Danach ging es erst mal ziemlich brutal bergauf – wir mussten das Tal wechseln – und die Mittagssonne entfaltete mittlerweile ihre ganze Kraft.
Bei km 81 hatten wir uns endlich 2 Mittagsbiere verdient und wir ließen es natürlich auch ordentlich zischen.
Zwischen Iernut und Lukus blieben uns leider 15km eklige Fernverkehrsstraße nicht erspart. Dank eines ordentlichen Randstreifens war das ganze noch auszuhalten.

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Fernverkehrsstraße ist doof

In Lukus konnten wir endlich die hässliche Straße verlassen und in ein Seitental wechseln. Da wir schon wieder über 40km gefahren waren, wurden wir langsam wieder von der gefürchteten Unterhopfung ereilt. Ein Tante-Emma-Laden an der Wegstrecke schien dieses Problem lösen zu können. Der war aber leider verschlossen. Zwei junge Leute am Tisch davor ließen uns wissen, dass der Laden 16:00 wieder öffnen würde. Zum Glück war es gerade 15:59 – aber das nützte nichts. Der Laden blieb zu. So erinnerten wir uns daran, dass wir bereits seit ner geschlagenen Woche Überbleibsel vom ersten durchorganisierten Teil unserer Reise (Zwönitz – Magyarpolany) in Form von Würsten und Käse mit uns rumschleppten, die eigentlich nur auf ihren Verzehr warteten. So konnte der kleine Hunger bezwungen werden und „pünktlich“ um16:20 schloss die Besitzerin ihren Laden auf. So konnten wir uns am Biere erfreuen. Zum Abschluss gönnten wir uns noch jeder ein Eis. Auch das tut ausgelaugten Fahradfahrerbeinen ausgesprochen gut.
Weiter ging es das gemütliche Tal neben einer Bahnstrecke hinauf. Die bereits recht tief stehende Sonne tauchte nun die gesamte Landschaft in ein wunderbares Licht und wir nutzten diese Gelegenheit für zahlreiche Fotos. Eine für mitteleuropäische Verhältnisse wundervolle gelb-braune, steppenartig anmutende Gräserlandschaft beeindruckte uns. Die Hänge sind steil, teilweise mehrstufig terassenförmig und werden wohl von herumziehenden Schafherden kurz gehalten. Im Tal befinden sich angestaute Gewässer in denen sich der wunderbar blaue Himmel widerspiegelt.
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Kurz vor unserem Tagesziel kamen wir nochmal an einem Kiosk mit angeschlossener Bier- und Kneipengarnitur vorbei und entschlossen uns kurzerhand (weil wir das auch verdient hatten) noch ein wenig Bier zu konsumieren. Der Kneiper sowie ein anwesender Gast nahmen uns sofort in Beschlag und fragten uns nach dem Woher und Wohin aus.
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Da keiner auch nur ein Wort Englisch, Deutsch oder Russisch verstand, zeigte Falk auf dem Handy die bereits absolvierte Strecke (von mittlerweile ca.  1.750km) auf. Das sorgte für Fassungslosigkeit bzw. ziemliches Erstaunen.

Nach weiteren 10km gelangten wir an unseren Zielort und hatten auch keinerlei Probleme eine Pension zu finden.

Gleich dort verzehrten wir zum Abendbrot jeder eine Pizza sowie kühle Getränke

Da wir morgen kein Frühstück kriegen, müssen wir uns unterwegs selber beim Bäcker versorgen, können dafür aber beizeiten durchstarten

Im Herzen Siebenbürgens

Rau Sadului – Sibiu 38km

Gestern abend hatte uns die freundliche Pensionswirtin stolz erzählt, sie sei siebenbürgener Sächsin und käme aus Michelsberg. Wir erhielten damit auch gleich ein paar Tips, was sich anzusehen lohnt.

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Pensiunea in Rau Sadului

So starteten wir heute früh bei bestem Wetter zu einer Mini-Etappe nach Hermannstadt (Sibiu). Ein Blick zurück zeigte noch mal die Schönheit der wilden Karpaten.
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Kurze Zeit später begegnete uns auch der erste „tiefergelegte“ Einspänner. Fuhrwerke sind zwar noch recht häufig anzutreffen, stellen aber nicht mehr den größeren Anteil am Verkehr, wie noch vor einigen Jahren.
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Kurz vor Sadu standen zwei Kühe auf der Straße und mampften das Laub der bei Hangbefestigungsarbeiten gefällten Bäume.
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In Heltau (Cisnadie) bekamen wir die erste der bekannten Wehrkirchen zu Gesicht. Der Küster kassierte etwas mürrisch den Eintritt von 5Lei je Person und zeigte uns noch den Eingang zum Turm.
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Wir kletterten über uralte Treppchen und Stiegen hoch ins Glockengestühl, besahen uns Altar und Deckengemälde.
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Alle alten Inschriften sind in deutsch.
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Rundum läuft ein Wehrgang. Die Außenmauer ist doppelt angelegt, dazwischen soll es früher mal einen Wassergraben gegeben haben.
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Nach einer Stunde machten wir uns auf den Weg ins fünf km entfernte Michelsberg (Cisnadioaria). Hier ließen wir die Räder in einer Kneipe stehen und erklommen den steilen Burgberg zu Fuß. Die Michelsberger Kirchenburg ist eine der ältesten hier, wie man am auch romanischen Baustil erkennt.
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Leider gibt es innen nicht viel zu sehen, es existieren nur eine Menge Gedenktafeln, die an die im ersten Weltkrieg Gefallenen Dorfbewohner erinnern.

Ein kurzer steiler Anstieg und ein nagelneuer Radweg brachten uns hinüber nach Hermannstadt, das alte Zentrum Siebenbürgens. Wir haben uns in der Pensiunea Daniel niedergelassen, nur wenige hundert Meter von der Innenstadt entfernt. Vor der Besichtigungstour wurden noch schnell die Radklamotten durchgewaschen, um morgen auch die letzte Tourwoche halbwegs sauber angehen zu können.

Über eine steile Treppe erreichten wir die Oberstadt. Viele reich verzierte Fassaden sind gut erhalten, bei einigen bröckelt der Putz. Irgendwie haben es die Einwohner geschafft, die Substanz vor dem sonst in Ceaucescus Rumänien oft anzutreffenden Plattenbauwahn zu bewahren.

Jedenfalls hat die Stadt ein besonderes Flair, vielleicht am ehesten mit Italien vergleichbar.
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Die große evangelische Kirche ist leider momentan wegen Baumaßnahmen geschlossen. Die orthodoxe Kathedrale ist reich ausgestaltet und hat ein riesiges Kuppeldach.
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Das katholische Gotteshaus ist wohl etwas kleiner, aber eher noch prächtiger.
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Im alten Rathaus ist ein ganz interessantes historisches Museum untergebracht. Wir waren nur etwas enttäuscht, weil der lokale Bezug nicht so richtig deutlich wurde und es etwas an tiefergehenden Erklärungen mangelt. Im Keller ist eine Sammlung alter Grabsteine, Säulenfragmente usw. untergebracht. Interssanterweise finden sich hier einige römische Kapitelle aus dem Ort, wo wir die Grundmauern auf der Kilometerhatz ignoriert hatten.

Apropos Kilometerhatz — wir werden uns die nächsten Tage etwas sputen müssen und haben den Schwenk Richtung Ostkarpaten gestrichen.

I'm a truckle, but I don't like to truckle.